Zum Inhalt

Grüner und schwarzer Tee - Hungerlöhne auf der Plantage

Bereits 2008 berichteten wir über die – großteils katas­trophalen – Arbeitsbedingungen auf Teeplantagen. 13 Jahre später hat sich wenig verändert. 

Bild: Mazur-Travel / Shutterstock.com

"Wenn der Teekessel singt ... " Die Älteren unter unseren Lesern dürften sich lebhaft an diese Werbung erinnern: ein pfeifender Teekessel, eine Familie, die sich rund um den Tisch versammelt, dazu die eingängige Melodie von Cat Stevens. Eine Szenerie, die wohlige Wärme vermittelt. Im Unterschied zum Kaffeekonsum steht Teetrinken für ­Gemütlichkeit, in manchen Kulturen ist es fixer Bestandteil des Tages.

Wenn man von Tee spricht, ist in erster Linie der Aufguss aus den Blättern der Teepflanze in Form von schwarzem, grünem oder weißem Tee ­gemeint. Vor allem die Briten haben den Nachmittagstee zum unumstößlichen ­Ritual erklärt. Sie gehörten auch zu den ersten, die im 17. Jahrhundert Tee aus China importierten.

Wenige Konzerne dominieren

Wenn man sich allerdings die Herstellungsbedingungen dieser Tees ansieht, ist es ­vorbei mit heiler Welt und Gemütlichkeit. Weltweit werden pro Jahr mehr als sechs Millionen Tonnen Tee geerntet. Dominiert wird der Markt von einigen wenigen Großkonzernen wie etwa Unilever, der Tata Group oder Associated British Foods. Die zehn weltweit größten Teeproduzenten ernten zusammen 90,5 Prozent der Gesamtmenge.

Prekäre Lebensbedingungen 

Das mit Abstand größte Produktionsland ist China, vor Indien, Kenia und Sri Lanka. In den Herstellerländern – dazu gehören auch die Türkei, Vietnam und Indonesien – sind die Sozial- und Umweltstandards niedrig und deren Einhaltung wird wenig kontrolliert. Dementsprechend sehen die Arbeitsbedingungen für Menschen im Teeanbau aus.

Eine Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung ergab, dass auf den Plantagen im ­indischen Darjeeling prekäre Arbeits- und ­Lebensbedingungen herrschen. Die Pflückerinnen haben während der Arbeit keinen Zugang zu richtigen Toiletten und die bereitgestellten Unterkünfte für die Familien sind teils in mangelhaftem Zustand.

Kaum soziale Absicherung

Zudem müssen die Angestellten einen erheblichen Teil der Kosten für ihre Arbeitsutensilien und die Arbeitsbekleidung selbst tragen. Die ­Gesundheitsversorgung und die Betreuung von Kleinkindern sind mangelhaft und eine Absicherung gegen Arbeitslosigkeit gibt es selten.

Trotz Arbeit auf Subventionen angewiesen

Zudem würden die Plantagenbesitzer immer wieder Löhne zurückhalten, heißt es in der Studie. Viele Pflückerinnen seien auf subventionierte Nahrungsmittel der ­indischen Regierung angewiesen. 

Mangelernährung, wenig "faire" Nachfrage

Hungerlöhne auf der Plantage 

Während in Europa Teesorten wie Darjeeling teuer verkauft werden, werden die Pflückerinnen vor Ort mit Peanuts abgespeist – ­umgerechnet bekommen sie etwas mehr als zwei Euro am Tag. Einer indischen Regierungskommission zufolge wäre das Doppelte nötig, um ihnen ein Leben in Würde zu ermöglichen.

Mangelernährung ...

"Unsere Untersuchungen ­haben gezeigt, dass in der Praxis nicht einmal diese Hungerlöhne komplett ausgezahlt werden, wenn vorgeschriebene Erntemengen von Pflückerinnen nicht erreicht ­werden“, erklärt Studienautor Benjamin ­Luig. "Während die Pflückerinnen in Darjeeling von Mangelernährung berichten, erzielen ihre Tees im Fachhandel in Europa absurde Preise von bis zu 30 Euro für 100 Gramm."

... und körperliche Unterentwicklung

Auch Studien des katholischen Hilfswerks Misereor sowie der Hilfsorganisation Oxfam befassen sich mit den Herstellungsbedingungen auf Teeplantagen, und zwar auch außerhalb Indiens. Alle drei erwähnten Studien prangern die katastrophale Ernährungssituation von Teeplantagenarbeitern an. Viele sind unter- oder mangelernährt, ein Großteil ihrer Kinder ist körperlich unterentwickelt. Arbeitnehmervertretungen sucht man auf vielen Teeplantagen vergebens.

Kritische Situation nach Bürgerkrieg

Die Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung kritisiert auch, dass selbst zertifizierte Plantagen gegen gesetzliche Vorgaben bzw. die Standards dieser Siegel verstoßen. Namentlich genannt werden Fairtrade und die Rainforest Alliance.

Hartwig Kirner, Geschäftsführer von Fairtrade Österreich: "In Indien ist die Situation besonders schwierig, da die Teeindustrie insgesamt massiv unter Druck steht. In Assam etwa herrschte bis vor einigen Jahren Bürgerkrieg und die Teefarmen wurden verlassen. Fairtrade hat daraufhin beschlossen, die Rehabilitierung des Teesektors zu unterstützen, um überhaupt zu Perspektiven für den Lohnerwerb beitragen zu können."

Wenig "faire" Nachfrage 

Das geringe Engagement des Teesektors und die mangelnde Nachfrage nach fairem Tee verhindere positivere Auswirkungen. Zudem fehle es an staatlicher Intervention, um Rahmenbedingungen für notwendige Verbesserungen zu schaffen.

"Im Vergleich zu anderen Fairtrade-Produkten wie Kaffee oder Bananen ist die Nachfrage nach Tee bei uns eher gering", sagt Kirner. Fairtrade hat im September 2018 ­eine Überarbeitung des Teestandards begonnen, die bis Mitte 2021 abgeschlossen sein soll. "Da geht es vor allem um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, insbesondere der Wohnsituation von Arbeitern."

Fairtrade garantiert für Tee keine physische Rückverfolgbarkeit. Das bedeutet: In einer 100-Gramm-Packung Tee mit Fairtrade-Siegel kann auch herkömmlicher Tee enthalten sein ("Mengenausgleich"). Sicher ist nur, dass der Hersteller 100 Gramm Fair­trade-Tee gekauft hat – das garantiert die Kontrollorganisation FLOCERT.

Gift im Tee

Auf vielen Teeplantagen ist der Einsatz von Pestiziden gang und gäbe. InGrüntee: Schadstoffe, Wirkung - Nicht ganz grün nahmen wir Grüntee im Beutel unter die Lupe. In etlichen Produkten konnten wir viele verschiedene Pestizide nachweisen. Grenzwerte wurden zwar nicht überschritten, doch die Belastung summiert sich. Und zwar nicht nur für die Konsumenten. Für die Arbeiter auf den Teeplantagen sind die regelmäßig versprühten Giftcocktails eine massive Belastung für die Gesundheit.

Bio-Tee und direkter Handel

Bio-Tee ist per Definition frei von Pestiziden, da diese im biologischen Anbau verboten sind. Auch im Test wurden wir nicht fündig. Manche Anbieter gehen noch einen Schritt weiter: Die Teekampagne oder die Teealternative in Deutschland arbeiten im direkten Handel eng mit indischen Teeproduzenten zusammen und ermöglichen faire und ökologische Bedingungen vor Ort. Auch bei GEPA gehen die Standards über die von z.B. Fairtrade hinaus. Zudem garantiert GEPA, dass beim Tee kein Mengenausgleich stattfindet.

In Österreich ist Sonnentor eine nachhaltige Tee-Adresse: Alle Produkte sind bio-zertifiziert und fair gehandelt. Statt auf eine Fairtrade-Zertifizierung setzt auch Sonnentor auf den direkten Handel. "Weil wir uns nicht auf ein Logo verlassen wollen", heißt es auf der Sonnentor-Homepage. "Vielmehr machen wir uns lieber selber vor Ort ein Bild, indem wir direkt mit unseren ­Anbaupartnern handeln."

Plastik im Tee

Teebeutel können Plastik enthalten. Besonders häufig ist das bei sogenannten Pyramidenbeuteln der Fall, die oft für besonders hochwertige Tees verwendet werden.

Auch schnurlose Teebeutel können in der Klebenaht Kunststoff enthalten. Der Großteil der Teebeutel wird jedoch aus Papier gefertigt; manchen wird ein geringer Anteil Kunststoff beigemischt, damit sie im Wasser nicht zerfallen.

Wir haben bereits in unserem Bericht "Teebeutel - Earl Plastic" namhafte Teeproduzenten mit der Frage konfrontiert, ob in ihren Teebeuteln Plastik zu finden ist. Die Antwort von Twinings wollten wir jetzt auf ihre Glaubhaftigkeit hin überprüfen.

Der britische Tee-Multi versprach damals: "Wir sind kontinuierlich dabei, die Nachhaltigkeit unserer Produkte zu verbessern. Unter anderem arbeiten wir mit unseren Lieferanten daran, weitere Teebeutel zu entwickeln, die zu 100 % biologisch abbaubar sind. Mit dem Ziel, zukünftig alle unsere Tee­beutel ohne Plastik herstellen zu können."

Twinings-Beutel jetzt plastikfrei

Ist das inzwischen der Fall? Diese Antwort bekamen wir: "Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass die Teebeutel von Twinings seit Februar 2021 voll­umfänglich kompostierbar und zu 100 % biologisch abbaubar sind. Weiters steht bis Ende 2022 auch ein Materialwechsel bei den Einzelverpackungen der Teebeutel sowie beim Umkarton an."

Die Teebeutel von Alnatura, Yogi-Tee, Sonnentor oder Teekampagne sind laut Angaben dieser Unternehmen ebenfalls völlig plastikfrei.

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

CO2-Kompensation: Fragen und Antworten

CO2-Kompensation: Fragen und Antworten

FAQ: Der CO2-Zertifikatehandel ist zuletzt massiv in die Kritik geraten. Lügen wir uns mit diesem Modell in die eigene Tasche? Hier die Antworten auf die brennendsten Fragen.

Gefördert aus Mitteln des Sozialministeriums 

Sozialministerium

Zum Seitenanfang