Zum Inhalt

Kunde König: VW-Skandal, Verpackungsmüll, Mogelpackung - Köstliche Kostproben

Kunde König: Augenzwinkern, Humor und ein wenig Ironie – eine Auswahl aus unserer früheren Rubrik zeigt: So manche Phänomene des Konsumenten-Alltags sind zeitlos.

"Kunde König" - Texte von Alois Grasböck (Cover: Hoy/VKI)

Bis heute, lange nach seinem plötzlichen Tod, erhalten wir Fanpost für Alois Grasböck, den langjährigen Autor der früheren Rubrik "Kunde König“. Viele Leserinnen und Leser vermissen seine monatlichen Texte, die stets ein nachdenkliches Schmunzeln oder herzhaftes Lachen entlocken konnten. In der Leserpost gab es nur eine Kritik: "Der Herr Grasböck soll mal zum Friseur gehen!" Darüber konnte er selbst lächeln. "Dann lassen wir das Foto eben weg!", meinte er. Die für diesen Band ausgewählten Texte werden dazu beitragen, dass "Ali" Grasböck unseren Leserinnen und Lesern noch lange in Erinnerung bleibt. -

Hier: Alle "Kunde-König"-Artikel auf konsument.at

Im Folgenden drei seiner Texte:

VW-Skandal: Als die Autos lügen lernten

Kinder sind aufgeweckt und wissbegierig, deshalb beginnen sie in relativ ­jungen Jahren an der Echtheit von Nikolaus und Christkind zu zweifeln. So schlau bleiben im weiteren Leben leider nicht alle, sonst könnte es Erwachsenen nicht passieren, dass sie der durchsichtigsten Wahl­werbung glauben. Oder dass ihr Joghurt tatsächlich frisch gepflückte Früchte enthält. Die Leichtgläubigkeit lässt sich erstaunlich oft für dumm verkaufen, viele ­profitieren davon, aber man kann es auch übertreiben. Wie der VW-Konzern, der eine fantastische Geschichte aufgetischt hat. ­Bekanntlich hat die Firma ihren Autos das Lügen beigebracht, damit sie die wahren Abgaswerte nicht ausplaudern.

"Nur wenige Mitarbeiter"

Als der Schwindel aufflog, stellte sich ein VW-Boss hin und erklärte, daran seien „nur wenige Mitarbeiter“ beteiligt gewesen. Wollte man das glauben, müsste man es sich so vorstellen: In Momenten, in denen gerade keiner hingeschaut hat, haben einige wenige Mitarbeiter heimlich die Lügen-Software installiert. Weil sie das nur bei zirka elf Millionen Autos gemacht haben, ging es so blitzschnell, dass von den Chefs niemand etwas bemerken konnte. Da wär’s fast schon egal gewesen, wenn die Erklärung noch aber­witziger ausgefallen wäre, etwa so: Die ­Autos werden großteils von Robotern gebaut, und einer der Roboter war be­leidigt, weil ein Lackierer "Blechtrottel“ zu ihm ­gesagt hat. Aus Rache hat er die Software manipuliert und außerdem ein paar befreundete Roboter bei Audi, Seat und Skoda zur Sabotage angestiftet. Bei dieser Version wären gar keine Mitarbeiter beteiligt ge­wesen, aber so weit sind sie doch nicht ­gegangen. Und mittlerweile dürfte klar geworden sein, dass Ausflüchte kaum mehr nützen, wenn ein Skandal so heftig am Dampfen ist.

Sich selbst eine Panne zufügen

Zum Schaden kommt jetzt das Misstrauen. Was muss man bei Autos, die lügen können, sonst noch befürchten? Dass sie sich selbst eine Panne zufügen? Selbst wenn es das Christkind wirklich gäbe: So viel frisches Vertrauen, wie VW braucht, könnte es nicht bringen.

Verpackungsmüll: Einweg und Meerweg

Einwegflasche. Schon das Wort ist ­eine Kränkung für den gesunden Hausverstand. Von "ein Weg“ kann keine Rede sein. Einbahnflasche wäre treffender. Aber jede Einbahn hat ein Ende. Und da fällt uns ein, dass man Konsumenten gern "Endverbraucher" nennt. Jeder Verbrauch hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei, und diese zwei ­Enden sehen so aus: Entweder ist es einem wurst, wo man seinen Verpackungsmüll wegwirft. Dann ist man ein flexibler und dynamischer Typ, dessen Ego sich nicht mit Korrektheiten wie Mülltrennung verzetteln kann. Oder es ist einem nicht wurst. Die meisten Öster­reicher verfügen über ein goldenes Müll­trennerherz und sind daher arme Würstel.

Nie zu Nobelpartys eingeladen

Sie werden nie zu Nobelpartys eingeladen, weil zu befürchten ist, dass sie dort das Wort "Mehrweg“ gebrauchen, worauf einigen anwesenden Getränkekaisern schlagartig die Wimmerl aufschössen. Damit wir nicht einseitig werden, müssen wir daran erinnern, dass ja letztlich immer der Kunde schuld ist. Der Kunde ist König; also, lieber Herr König, wieso kaufen Sie denn nicht alles in Ihrer geliebten Mehrwegflasche? Ah, wegen der geschmalzenen Aufpreise – aber, bitte, Sie als König werden doch nicht wegen der paar Euro ... und weil’s immer weniger in Mehrweg gibt? Tja, da hätten Sie halt früher draufzahlen, Pardon, Ihre Verant­wortung wahrnehmen und mehr Mehrweg kaufen müssen! Diesen Argumenten kann man wenig entgegensetzen.

Verkäufer nicht belästigen

Nehmen wir also die gerechte Strafe auf uns: Müllentsorgungs-Rallyes von einem überfüllten Con­tainer zum nächsten. Endverbraucher ist Endverbraucher, und wenn wir Müll kaufen, sollten wir die Verkäufer nicht länger damit belästigen. Das ist ja der tiefere Sinn von Einweg. Es gibt Länder, wo das sehr gut funktioniert. Dort gibt es schon lange viel Einweg, dafür wird sehr viel Plastik ins Meer geworfen. Das ist dann Meerweg ... Bei uns würde man mangels Meer sagen: Es ist alles im Fluss.

Herrenhemden: aufwendig verpackt, Bild: Klaus Pitter

Die Mogelpackung ist nicht umzubringen

Es begab sich irgendwo auf dem Atlantik. Der Käpt‘n murmelte Flüche in seinen weißen Bart, als er den Fang sah. Die Fische waren viel zu klein! Wenn er damit zurückkam, degradierte ihn der Konzern womöglich zum Hilfsmatrosen. Er dachte schon daran, ins Wasser zu gehen, als ihm die rettende Idee kam. "Packt die kleinen Fische in die viel zu großen Schachteln“, rief er seiner Mannschaft zu, "die dummen Landratten werden es schon nicht merken!“

Backfisch mit Leere

So könnte es theoretisch dazu gekommen sein, dass eine Packung Backfisch, die es nach Österreich verschlagen hatte, zu einem guten Teil aus gähnender Leere bestand. Leider ist es wahrscheinlicher, dass die ­Mogelpackung nicht vom Käpt‘n, sondern vom Konzern verursacht wurde und weiterhin wird. Und dass es dem Konzern egal ist, was die Landratten darüber denken. Natürlich gibt es Konsumenten, die sich ärgern, wenn der Inhalt nicht hält, was die Ver­packung verspricht. Alles in allem schaut es jedoch so aus, als sei die Mogelpackung nicht umzubringen. Aber resignieren ist auch keine Lösung, denken wir uns lieber originelle Gegenmaßnahmen aus.

Mehr Luft statt Meeresluft

Nett wäre eine neue Art von Kennzeichnung, etwa so: "Diese Schachtel Pralinen enthält 60 Prozent Luft, die durch 23 Prozent Karton und Plastik getarnt wird.“ Oder, wenn wir uns an das Beispiel mit dem Backfisch erinnern: „Vom Rauminhalt dieser Packung nimmt der Fisch 52 Prozent ein. Bei den 48 Prozent Luft handelt es sich nicht um Meeresluft, selbst wenn unsere Werbung das suggerieren sollte.“ Im wirk­lichen Leben kommt das nie, und falls wider Erwarten doch, wird es ganz klein geschrieben sein. Was könnte man sonst tun? In ­eine Vorstandssitzung des Konzerns eindringen und die Bosse beschimpfen?

Genau schauen, kritisch denken

Nein, es gibt schon genug Wirbel auf der Welt. Versuchen wir es halt weiterhin mit der sanften Art: Genau schauen, kritisch denken und darauf achten, dass man beim Einkaufen nicht für dumm verkauft wird.

KONSUMENT-Artikel zu Mogelpackungen

Buchtipp: Kunde König

 

"Kunde König" - Texte von Alois Grasböck (Cover: Hoy/VKI)

Fast 250 Mal hat Alois "Ali" Grasböck als "Kunde König“ mit scharfer Beobachtungsgabe und feinem Wortwitz den Blick auf große und kleine Merkwürdigkeiten der Konsumwelt gerichtet und das Testmagazin KONSUMENT bis zu seinem plötzlichen Tod mit seinen Texten bereichert. Unter Journalisten gilt er als Legende, in seiner Heimat Oberösterreich wird er insbesondere den Leserinnen und Lesern der Oberösterreichischen Nachrichten in bester Erinnerung bleiben. Diese Sammlung ausgewählter Kolumnen ist eine Verbeugung vor einem brillanten Schreiber und liebenswürdigen Menschen.

Preis: 14,90 Euro

148 Seiten, broschiert

mit zahlreichen KONSUMENT-Cartoons

Leseprobe im Shop: https://konsument.at/kunde-koenig

Links zum Thema

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

Pelzankauf mit Gold: Vorsicht vor Betrugsfalle

Pelzankauf mit Gold: Vorsicht vor Betrugsfalle

Fahrende Händler werben österreichweit auf Flugblättern mit Pelz- und Schmuckankauf. Die Überraschung lauert im Kleingedruckten: Pelz und Leder verkaufen kann nur, wer auch bereit ist, Gold zu veräußern.

Gefördert aus Mitteln des Sozialministeriums 

Sozialministerium

Zum Seitenanfang