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Seniorenkredite - Schuldenpolster statt Ruhekissen

Die Angebote für ältere Kreditnehmer werden mehr, und wenn man eingehend sucht, finden sich auch günstige, flexible Darlehen mit vernünftiger Laufzeit.

Sich mit fast siebzig noch verschulden? Das ist für viele Menschen nur im äußersten Notfall eine Option. Schließlich haftet dem Schuldenmachen bei der älteren Generation noch immer der Geruch des Unmoralischen an. Der gesellschaftlichen Konvention entsprechen die Angebote am Markt: Wer mit über 60 oder gar 65 Jahren einen Kredit aufnimmt, muss sich entweder verpflichten, ihn in kürzester Zeit zurückzuzahlen, oder wirklich intensiv suchen und vergleichen, um Konditionen zu finden, die in etwa denen für jüngere Kreditnehmer entsprechen.

Liquiditätsengpässe als Grund für Kredite

Dabei ist die Lebenserwartung in den vergangenen Jahrzehnten kräftig gestiegen und die Senioren von heute sind deutlich mobiler und konsumfreudiger. Aber erfahrungsgemäß sind es nicht so sehr Weltreisen oder übermäßige Konsumwünsche, sondern eher (vorübergehende) Liquiditätsengpässe, warum Pensionisten sich um eine Kreditfinanzierung bemühen.

Es fehlt an Barem

Klassischer Fall: Haus oder Wohnung sind im Eigentum vorhanden und man würde auch gern weiterhin darin wohnen, aber es fehlt an Barem, um sich eine Heimpflege zu leisten. Oder es müssten wichtige Sanierungen und altersgerechte Umbauten durchgeführt werden – zum Beispiel Niveauunterschiede ausgeglichen, ein komfortabel nutzbares Bad eingerichtet, ein Treppenlift eingebaut oder der Lebensbereich mitsamt Sanitäranlagen auf einen Stock verdichtet werden. 

Hohe Zinsen: Zwischen 4 und 5 Prozent

Rund 30.000 Euro sind üblicherweise für solche Umbauten erforderlich, wie wir bei verschiedenen Handwerkern erfuhren. Gerade bei den anhaltend niedrigen Kreditzinsen sollte es eigentlich kein Problem sein, eine derartige Finanzierungslücke mithilfe eines Bankkredits zu schließen. Wir schickten zwei 68-jährige Tester auf die Suche nach einem Kredit in dieser Höhe, um die eigenen vier Wände zeitgerecht etwas praktischer fürs Alter zu gestalten: monatliches Pensionseinkommen rund 2.000 Euro, lastenfreie Eigentumswohnung vorhanden. 

Die Gespräche verliefen allesamt freundlich und entgegenkommend, auch die grundsätzliche Bereitschaft zur Kreditvergabe war in allen Fällen gegeben. Die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen, unter denen die Darlehen angeboten wurden, unterschieden sich aber doch erheblich voneinander und auch von dem, was jüngeren Kreditnehmern an Zinssätzen geboten wird. Letztere lagen zwischen 4 und 5 Prozent, also doch deutlich über den „Geld für nix“-Sprüchen aus der Werbung mit 2 oder 3 Prozent Kreditzinsen. 

Vergleich: Angebot

Kurze Fristen

Was das Alter betrifft, bis zu dem der Kredit zurückgezahlt sein sollte, schossen sich einige Anbieter gleich aus dem Rennen. In der Mehrzahl der Fälle lag es zwar bei 75 Jahren, unrealistisch erscheint uns aber (für einen 68-jährigen Kreditnehmer) das zeitliche Limit von 70 Jahren wie bei Santander oder einer Raiffeisen-Filiale (wenn ohne Grundbucheintragung). Auch eine Rückzahlung bis zum 72. Lebensjahr, wie in einer Hypo-Niederösterreich-Filiale gefordert, ist kaum machbar.

70 % der Pension

Die Kreditraten würden in diesen Fällen mehr als die Hälfte der Pension ausmachen, zum Teil bis zu 70 Prozent. Positiv in Bezug auf die Laufzeit ist die Volksbank zu erwähnen, die ihren älteren Kreditnehmern eine „Frist“ bis zum 80er zutraut. Gegen entsprechende Sicherheiten, vor allem einen Grundbuchauszug, sind auch bei anderen Anbietern längere Laufzeiten möglich – hier gab es aber sogar bei unterschiedlichen Filialen eines Instituts abweichende Meinungen und Auskünfte. Umso wichtiger ist es, möglichst viele verschiedene Bankfilialen aufzusuchen – das kostet Zeit, lohnt sich aber.

Unterschiedlichste Bedingungen

Vorrangig ist auf jeden Fall, sich bei den monatlichen Raten finanziell nicht zu überheben, sonst lösen kaputte Haushaltsgeräte, Reparaturen an Gebiss, Auto oder Wohnung eine Krise aus. Im Prinzip sollte die monatliche Belastung bei längerer Laufzeit geringer ausfallen, aber das muss nicht automatisch so sein. Bei einer BAWAG-P.S.K.-Filiale betrug die monatliche Rate bei einem Zins von 4,4 Prozent auf sieben Jahre 420 Euro, in einer Bank-Austria-Filiale lag die monatliche Rate mit 430 Euro monatlich nur geringfügig darüber – und das bei einem Zinssatz von 5 Prozent und einer Laufzeit von nur fünf Jahren.

Vorsicht bei Nebenkosten und Restschuldversicherung

Genau hinschauen und vergleichen heißt es auch bei den Nebenkosten und der nahezu obligaten Restschuldversicherung: Bei der BAWAG-P.S.K. fielen monatlich rund 100 Euro Versicherungsrate an, bei der Erste Bank hingegen nur 20 Euro pro Monat, bei der Bank Austria überhaupt „nur“ 150 bis 200 Euro im Jahr. 

Kreditvoraussetzungen

Voraussetzungen sehr unterschiedlich

Auch die Kreditvoraussetzungen sind von Institut zu Institut – teilweise sogar von Filiale zu Filiale – unterschiedlich: Bei der ING-DiBa reichte die Vorlage eines Ausweises und des aktuellen Rentenbescheids; bei anderen war neben Ausweis, Meldezettel, Pensionsnachweis und Polizze einer bestehenden Ablebensversicherung auch ein Grundbuchauszug vorzulegen – wobei grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden ist, wenn Kreditinstitute sich genauer ansehen, wem sie ein Darlehen gewähren (siehe Kapitel „Das verflixte Alter“). Das in manchen Fällen geforderte ärztliche Attest scheint aber doch ein wenig übers Ziel hinauszuschießen.

Angebote vergleichen

Möglichst viele Angebote zu vergleichen, ist hier der einzige Weg, um zu einem in jeder Hinsicht günstigen und vernünftigen Kredit zu kommen. Und es kann sich auch auf andere Weise lohnen: So erhielten unsere Tester von einzelnen Beratern wertvolle Tipps und Hinweise, etwa zu Förderungen oder zum Einholen von Kostenvoranschlägen, die wiederum zu günstigeren Kreditkonditionen führen könnten.
 

VKI-Tipps

VKI-Tipps

Unter Vorbehalt. Kredite in höherem Alter sind möglich, aber mit Einschränkungen bei Laufzeit und Zinshöhe. Gleichzeitig müssen oft mehr Sicherheiten, finanzielle und gesundheitliche Nachweise vorgelegt werden.

Bessere Produkte. Es gibt unterschiedliche Angebote, mehrere Banken abzuklappern lohnt sich daher. Erkundigen Sie sich nach zeitlich befristeten Aktionen mit besseren Bedingungen und achten Sie neben der Zinshöhe auch auf alle Nebengebühren.

Nicht überheben. Speziell bei kurzen Laufzeiten kommen hohe Monatsraten zusammen, die gut die Hälfte der Pension ausmachen können. Damit für unerwartete Ausgaben (Haushaltsgeräte, Zähne, ...) noch etwas übrigbleibt, nur so viel umbauen lassen, wie Sie sich monatlich gut leisten können!
 

Das verflixte Alter

Aus Sicht der Banken gibt es für eine Altersbeschränkung mehrere Argumente:


• So wird bei Menschen ab 60 das Ausfallrisiko – speziell die Gefahr, dass das Darlehen wegen schwerer Erkrankung oder vorzeitigen Ablebens nicht vollständig zurückgezahlt werden kann – als höher eingeschätzt. 

• Bei jüngeren Kreditnehmern lässt sich das Ablebensrisiko durch eine relativ günstige Restschuldversicherung abdecken, älteren Menschen steht diese Option aber oft nicht oder zu ungünstigen Konditionen offen und erhöht noch einmal die gesamten Kreditkosten. 

• Sich das Geld bei den Erben zu holen, falls welche vorhanden sind, wird aus Bankensicht ebenfalls als kritisch eingeschätzt: Selbst wenn die Erbschaft nicht rundweg ausgeschlagen wird, weil sie neben den Kreditschulden doch zum Beispiel eine Immobilie beinhaltet, kann die Bank etwa im Fall von mehreren Erben nicht mit einer reibungslosen Kreditübertragung rechnen. 

• Nicht zuletzt fürchten die Finanzdienstleister das negative Image, das durch die Berichterstattung von Medien oder die Interventionen von Interessenverbänden entstünde, wenn zum Beispiel ein Kreditnehmer in reiferem Alter von der Delogierung bedroht wäre, weil er seinen Ratenverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann.
 

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