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VW-Skandal: "Arglist“ und "Gewinnstreben“ - Gerichte müssen Schaden bestimmen

VW bestreitet weiterhin jedes Fehlverhalten und will betroffene Österreicherinnen und Österreicher nicht entschädigen. Jetzt sind die österreichischen Gerichte am Zug.

USA: über 30 Milliarden €

Der VW-Dieselskandal hält die Autobranche seit fünf Jahren in Atem. VW zahlte in den USA über 30 Milliarden Euro und es kann noch viel mehr werden. Österreichische Geschädigte sollen durch die Finger schauen. Mangels Entschädigungsangeboten haben wir vom VKI 16 Sammelklagen eingereicht. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) bestätigte: Unsere Gerichte sind zuständig. Österreichische Betroffene müssen nicht in Deutschland klagen. Der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) hat bereits im Mai 2020 die Haftung von VW wegen Arglist festgestellt. Offen ist: Wie hoch ist der Schaden? Dies müssen nun unsere Gerichte klären.

30% Wertminderung

Gerichtsgutachten belegen einen Schaden zwischen mindestens 10 bis 30 Prozent vom jeweiligen Ankaufswert. In Einzelfällen kommen Gutachter sogar auf 90 Prozent. Eine aktuelle Entscheidung des Landesgerichts (LG) Innsbruck geht ebenfalls von einem „Minderwert zum Ankaufszeitpunkt“ von 30 Prozent aus. VW bestreitet weiterhin jede Haftung.

VW, Audi, SEAT und Skoda

Vor fünf Jahren – im September 2015 – hatte Volkswagen (VW) eingestanden, Dieselmotoren der Marken VW, Audi, SEAT und Skoda manipuliert zu haben, um den Stickstoffausstoß bei Abgastests im Labor zu senken. Auf der Straße bliesen die Autos ein Vielfaches der erlaubten Schadstoffe in die Luft. Seit damals beschäftigt der VW-Dieselskandal die Gerichte. In Österreich und anderen Ländern gibt es keine wirksamen Rechtsinstrumente, um Ansprüche geschädigter Kunden durchzusetzen. Deswegen macht VW keinerlei Entschädigungsangebot.  

10.000 Geschädigte, 16 Sammelklagen

Wir haben im September 2018 im Auftrag von Sozialministerium (BMSGPK) und Bundesarbeitskammer (BAK) für rund 10.000 Geschädigte 16 Sammelklagen bei allen Landesgerichten Österreichs eingebracht. Die Prozess-Finanzierung übernimmt die OMNI BRIDGEWAY. Der Streitwert beläuft sich auf insgesamt 60 Millionen Euro. Seit damals warten die Geschädigten auf ihr Geld. VW hatte 2020 einem Vergleich für die deutschen Teilnehmerinnen und Teilnehmer der in Deutschland eingebrachten Musterfeststellungsklage zugestimmt. Das Unternehmen stellte in Aussicht, weitere rund 50.000 deutsche Dieselkunden zu entschädigen.

VW-Verzögerungstaktik

Zuletzt bestätigte der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 9.07.2020: Ja, österreichische Gerichte sind zuständig. Das beendet die Verzögerungstaktik von VW. Die 16 VKI-Sammelklagen werden nunmehr fortgesetzt. Starken Rückenwind für die Sammelklagen bringt ein höchstgerichtliches Urteil aus Deutschland: Dort hatte der Bundesgerichtshof am 25.05.2020 bestätigt, dass VW „arglistig“ und „aus reinem Gewinnstreben“ gehandelt hat. Der Schaden des Käufers ist bereits mit Abschluss des Kaufvertrags entstanden. Dieses Urteil ist auf Österreich übertragbar. Es stellt aus Sicht des VKI die Haftung von VW außer Streit. Zu klären wäre nur mehr die Schadenshöhe.

Wir haben in den 16 Sammelklagen einen Minderwert der betroffenen Fahrzeuge im Kaufzeitpunkt geltend gemacht und einen Abzug von 20 Prozent des Kaufpreises eingeklagt. Nach Ansicht des VKI haben die Käufer zumindest um diesen Betrag seinerzeit zu viel bezahlt, weil die Fahrzeuge den vollen Kaufpreis nicht wert waren.

Anklage von Ex-VW-Chef Winterkorn

VW ist dennoch – und auch trotz laufender Anklage gegen Ex-VW Chef Winterkorn – zu keinerlei Entgegenkommen bereit. Das deutsche Unternehmen bestreitet in den VKI-Sammelklagen sogar grundsätzlich jegliche Haftung. Dabei setzt VW offenbar darauf, dass sich der Schaden über die Lebensdauer der Fahrzeuge verflüchtigt und künftig gegen Null geht. Dieses Setzen auf Zeit kann einen vorsätzlichen Schädiger, der bewusst einen Schaden bei den Kundinnen und Kunden in Kauf genommen hat, allerdings nicht entlasten. Ansonsten hätte dieser es in der Hand, die Verfahren so lange zu verzögern, bis die Geschädigten leer ausgehen.

30-jährige Verjährungsfrist bei Betrug

„VW befeuert damit den Dieselskandal auch aktuell weiter. Das ist eine skandalöse Haltung eines Großkonzerns und für die österreichischen Geschädigten eine unhaltbare Situation“, betont Mag. Thomas Hirmke, Leiter des Bereiches Recht im VKI. Folgen die Gerichte der Rechtsansicht des VKI zu Schadensberechnung und -höhe und bestätigen sie die 30-jährige Verjährungsfrist wegen qualifizierten Betrugs, dann wird die Entschädigung aller mehr als 300.000 geschädigten Verbraucherinnen und Verbraucher in Österreich Thema. Das kann für VW, über die aktuellen Millionenklagen hinaus, zu einem Milliardenproblem werden.

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